Nurullah Gawhari lebte mit seiner Familie sieben Monate lang auf engsten Raum in einer Gemeinschaftsunterkunft. Danach lernte er Angelika Röhm, Projektleiterin des Hoffnungshaus Leonberg, kennen und hatte die Möglichkeit in das Hoffnungshaus einzuziehen – um dort das erste Mal seit seiner Ankunft in Deutschland tatsächlich willkommen geheißen zu werden.
Obwohl sich die Vertragsländern der Europäischen Sozialcharta dazu verpflichten, den Zugang zu Wohnraum zu fördern, Obdachlosigkeit vorzubeugen und schrittweise zu beseitigen und die Wohnkosten so zu gestalten, dass sie für Menschen, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, tragbar sind, haben nicht alle Geflüchtete so viel Glück wie Nurullah. Nach der aktuellsten Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) hatten ca. 860.000 Menschen im Jahr 2016 deutschlandweit keine Wohnung. Etwa die Hälfte von ihnen, nämlich 440.000 Personen, sind anerkannte Flüchtlinge. Im Regelfall werden anerkannte Flüchtlinge, die keine eigene Wohnung haben, in den Gemeinschaftsunterkünften geduldet.
Gerade nach den oftmals schrecklichen Erfahrungen im Heimatland und auf der Flucht, wäre ein Rückzugsort zentral. Aus der repräsentativen IAB-BAMF-SOEP-Erhebung, die 2016 durchgeführt wurde, geht jedoch hervor, dass 33 Prozent der befragten Geflüchteten mit Schutzstatus, in einer Gemeinschaftsunterkunft lebten. Außerdem gaben 51 Prozent der befragten Bewohner*innen in Gemeinschaftsunterkünften an, dass sie keine auf Dauer ausgelegte Rückzugsmöglichkeit hatten; ihnen stand keine abgeschlossene Wohneinheit zur Verfügung. Dementsprechend schlecht wurde auch die Zufriedenheit mit der Privatssphäre in diesen Unterkünften bewertet. Auf einer Skala von 0 („ganz und gar unzufrieden“) bis 10 („ganz und gar zufrieden“), wurde diese durchschnittlich mit 4,8 Punkten bewertet.